Sonntag, 24. Januar 2010

Plädoyer für kurze Wege

Puh, mein letzter Beitrag hier galt der Bundestagswahl 2009. Das ist mal echt lange her. Nachdem meine geringe Worte-pro-Artikel-Quote in diesem Blog ja schon häufiger mal proviziert hat, ist Twitter wohl doch das Medium meiner Wahl. Ein paar längere Texte gibt es seit neuestem in meinem Fotoblog, das dem "Projekt 365" dient - ich mache jeden Tag ein Bild und schreib was dazu.

Manche Sachen haben aber nichts mit einem Foto zu tun und lassen sich auch nicht in 140 Zeichen pressen. So zum Beispiel mein Plädoyer für kurze Wege.

7 Jahre lang habe ich in Berlin gewohnt und in Potsdam gearbeitet. Das bedeutete jeden Tag 2x 1 Stunde Fahrzeit + Wege zur Bahn + gelegentliche Verspätungen und Ausfälle der Züge. 7 Jahre lang fand ich das irgendwie okay; ich habe es jeden Tag geschafft, eine Tageszeitung zu lesen, konnte meine Uni-Texte lesen. Seit neuestem habe ich UMTS im Notebook, d.h. ich konnte die Zeit in der Bahn so richtig produktiv nutzen. Für die Wohnung in Berlin musste ich nichts bezahlen, also war das Pendeln für mich völlig in Ordnung und die Zeit war gut genutzt.

Ich hatte ja keine Ahnung.

Vor ziemlich genau einem Jahr bin ich nun mehr oder weniger widerwillig nach Potsdam gezogen. Widerwillig, weil Potsdam teuer ist und ich die Vorteile meiner Pendelei zu schätzen wusste. Man (Frau) musste mich also quasi dazu zwingen, meine Zelte in Berlin abzubrechen. Seit einem Jahr brauche ich mit dem Fahrrad 6 Minuten ins Büro, 5 Minuten bis zur Uni, zu Fuß 3 Minuten zur S-Bahn und zum Supermarkt und nur wenig mehr bis zum Kino und einer ganzen Reihe netter Bars und Kneipen. Zum Park und zum Wasser sind es ebenfalls keine 10 Minuten Weg.

Die Straße, in der wir wohnen ist zwar laut und die Wohnung ungünstig geschnitten - das alles ändert jedoch nichts daran, dass ich keine Ahnung hatte, wieviel Lebensqualität kurze Wege ausmachen. Dies wird mir umso klarer, je mehr ich von anderen Leuten mitbekomme, dass sie sogar noch weiter von dem Ort wegziehen, an dem zumindest derzeit der Mittelpunkt ihres Lebens liegt. Ich lese jetzt zwar keine Tageszeitung mehr, was ich trotz der Qualität der meisten Zeitungen durchaus als Verlust betrachte - ich könnte aber, wenn ich wollte. Ich kann bis um 8 Uhr schlafen und eine halbe Stunde später im Büro sein oder eine Stunde lang Zeitung lesen, wenn mir danach ist. Ich komme Abends nach Hause und das Wort "Abend" hat diese Bezeichnung auch noch verdient. Ich hätte niemals gedacht, wieviel Luxus "Zeit" ist.

Vielleicht muss man dazu erstmal 7 Jahre lang jeden Tag 3 Stunden lang unterwegs gewesen sein.

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h (Gast) - 25. Jan, 07:33

Gut, dass es heutzutage so leicht ist Arbeit zu finden, so dass beide Partner einen Job haben, der dieser Parameter erfüllt...

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h (Gast) - 25. Jan, 07:33
Plädoyer für kurze Wege
Puh, mein letzter Beitrag hier galt der Bundestagswahl...
peradventure - 24. Jan, 19:41

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

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