Samstag, 14. Januar 2006

Öl der 13 Geheimnisse

Eigentlich fing alles ganz harmlos an. Meine Oma (83, alles in allem körperlich und geistig fit) nahm sporadisch an den Klassenlotterien wie NKL, SKL etc. teil. Alles halb so wild. Aus heutiger Betrachtung sind das die seriösesten Glücksspielunternehmen, die man sich vorstellen kann. Das, was danach kam, brachte dann sogar mich aus der Fassung.

So kam es nun, dass meine Oma eines Tages diese Briefe bekam, die jeder kennt und in den meisten Fällen ungeöffnet in /dev/tonne wandern. Nicht so bei meiner Oma. Angesichts der Tatsache, dass ihr ihre wirklich üppige Rente nicht üppig genug war, ging sie auf die Gewinnversprechungen in den Briefen ein. Sendete 40,- Euro Bearbeitungsgebühren für die Gewinnauszahlung per Post an Adressen in Kanada, Malta, Luxemburg und auch nach Österreich.

Österreich ist das Land des Hubert Einfalt. Der "bestätigte Gewinnjuror" Hubert Einfalt schrieb kurz vor Weihnachten, meine Oma habe nun wirklich endgültig gewonnen und am 27.12. würde die Geldübergabe bei ihr zu Hause stattfinden. Beigelegt war ein "Reiseplan" mit den wertvollen Informationen, dass Herr Einfalt per Flugzeug und Taxi anreisen würde. Geplante Ankunft: 17 Uhr. Meine Oma müsse sich aber dringend vorher noch unter 0900-... usw. zurückmelden und den Termin bestätigen. Tat sie natürlich. Die freundliche Bandansage am anderen Ende bestätigte den Termin ihrerseits; natürlich erst, nachdem das Gespräch mit belanglosen Fragen in die Länge gezogen wurde.

Weihnachten, das Fest der Liebe, der Harmonie ... was liegt da näher, als die eigene Oma einzuladen. Ihr Besuch bei uns war jedoch kürzer als eigentlich gedacht - schließlich musste sie am 27.12. pünktlich zur Geldübergabe zu Hause sein. Weil sie in solch einem aufregenden Moment nicht alleine sein wollte, lud sie ihre Tochter (quasi meine Tante) ein, ihr an dem Tag beizustehen. Als ich am Abend des 27.12. ganz beiläufig nach dem Verlauf der Geldübergabe fragte, war es ganz selbstverständlich, dass niemand gekommen ist; vermutlich hat Herr Einfalt seinen Flug verpasst. Oder sein Taxi.

Ein bißchen böse war meine Oma da schon. Sie gab es nicht zu, aber sie schrieb einen Brief an Herrn Müller (den Veranstalter des Gewinnspiels) und Herrn Einfalt; sie hätte jetzt schon gerne den versprochenen Gewinn. Und siehe da - eine Woche darauf kommt ein neuer Brief mit einem neuen Termin für die Geldübergabe. Herr Einfalt bedankt sich in seinem Brief für die Geduld meiner Oma, bittet um erneute Rückmeldung unter 0900-... und meine Oma ist der festen Überzeugung, Herr Einfalt hätte ihren Brief gelesen und ihre Aufforderung endlich ernst genommen. Für den Mittwoch kommender Woche ist jetzt die neue Geldübergabe geplant. Sie bittet mich, am Dienstag Kuchen zu kaufen, damit sie ihm wenigstens etwas anbieten kann, wenn er sich schon aus Wien auf den weiten Weg macht.

Damit die lange Zeit bis zur Geldübergabe nicht so quälend lang ist, versüsst die Firma "Aqua Vital" aus Luxemburg meiner Oma das Leben mit einem Geschenkpaket. Zum Beispiel mit einer Fußnagelschere für günstige 14,95 Euro. Darüber hinaus enthält das Geschenkpaket eine 35mm-Kamera und den neuesten Katalog gegen eine lächerliche Schutzgebühr von 1,- Euro. Highlight des verspäteten Weihnachtsgeschenks sind jedoch zwei prall gefüllte Fläschchen der Marke "Öl der 13 Geheimnisse" für nur 29,95 Euro pro Flasche. Ein beliegender Flyer informiert über die vielen Vorteile, zufriedene Konsumenten berichten über die sensationellen Resultate. Bei so einem tollen Geschenkpaket ist man natürlich gerne bereit, die beiliegende Rechnung inklusive der 1,50 Euro für Versicherung, 5,95 Euro für den Versand und 5,- Euro Eilzuschlag zu bezahlen. Schließlich sollen dem Schenkenden durch sein Geschenk ja nicht noch Kosten entstehen.

So ein Fläschchen "Öl der 13 Geheimnisse" aus einem Geschenkpaket ist natürlich schnell verbraucht, das zweite hält ebenfalls nicht lange. Da ist es sinnvoll, dass Aqua Vital in einem Paket am nächsten Tag Nachschub liefert. Diesmal in Form von Aloe-Vera-Ampullen; für günstige 29,95 Euro für 30 Ampullen á 10 ml. 10 ml mit dem Aufdruck "kann bis zu 10 ml Wasser enthalten". Macht ja nix, hauptsache es wirkt.

So eine Packung Aloe-Vera in 30 Ampullen kann von heute auf morgen leer sein - je nach Art der Einnahme. Gut, dass Aqua Vital auch Ginkgo-Flaschen im Angebot hat. Hier macht sich der 5 Euro teure Expressliefer-Service wirklich bemerkbar - der Postbote überbrachte schon am darauffolgenden Tag ein entsprechendes Paket. Ginkgo scheint Schrott zu sein, für zwei Flaschen á 250 ml will Aqua Vital nur 29,95 Euro zzgl. der üblichen Gebühren. Aber was ist das da im Paket? Ein Rücksendeschein! Mit einer Anschrift in Deutschland!

Endlich bekommt man die Chance, das Gebräu zurückzuschicken. Dachte ich. "Aus hygienischen Gründen ist die Rücksendung des Artikels nicht möglich" verrät ein entsprechendes Sternchen in der Rechnungspostenübersicht.

Wer mich kennt, weiß, dass es wirklich schwer ist, mich aus der Fassung zu bringen. To be continued...

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